Sind die Sicherheiten sicher
24. JUNI 2002 17:20



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Sind die Sicherheiten sicher?

Rückbaukostenproblematik bei Windenergiekonvertern

von Tilman Kluge1



Es sei dahingestellt, ob es Sinn macht, landwirtschaftliche Grundstücke oder Grundstücksteile an Betreiber von Windenergiekonvertern zu verpachten oder zu verkaufen. Hierüber mögen detaillierte Diskussionen insbesondere über die Themen „Schutz des Landschaftsbildes“ und „Vogelschutz“ weiterführen.

Eine andere Problematik ist aber in jedem Fall akut und nimmt in der Praxis bedenkliche Züge an. Bei der Errichtung von Windenergiekonvertern kann es vor allem im Falle von Grundstücksverpachtungen an Windenergiekonverter-Betreiber erforderlich sein, daß vom Betreiber gegenüber Grundstücksbesitzern zu deren Gunsten Sicherheitsleistungen hinterlegt werden.

Behörden können diese Sicherheiten im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nicht als Regelfall verlangen. Manche Behörden tun es dennoch entgegen der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung, daß (hier finanziell) belastende Bescheide einzelfallbezogen zu begründen sind3,6. Denn eine die Begründung ersetzende rechtliche Bestimmung existiert in der Regel nicht, wobei Erlasse nicht zu diesen Bestimmungen zählen können, wohl aber Rechtsverordnungen und Gesetze. So bleibt es beim einzelnen Betroffenen, insbesondere Verpächtern, sich im Rahmen der abzuschließenden Verträge abzusichern.

In vielen Fällen ist von Zahlungen von etwa 25.000 Euro (€) die Rede. Tatsächlich aber umfassen die Rückbaukosten oft das Mehrfache. Auch 40.800 € (80.000 DM)5 sind wesentlich zu niedrig und auch noch deutlich zu niedrig, verbliebe das Fundament im Boden (überschlägig 50.000 €, vgl. unten Grafik C). Wie kommt diese Diskrepanz zustande?


Der Wiederverkaufs-Trick

Dem Grundstücksverpächter wird vorgerechnet, die Rückbaukosten-Summe sei zwar höher als der tatsächlich angebotene Betrag. Aber der sei dadurch entstanden, daß der Wiederverkaufswert des zu beseitigenden Windenergiekonverters von den eigentlichen Rückbaukosten abzuziehen sei, und dadurch entstehe eben der niedrigere Betrag.

Das aber ist ist eine Mogelpackung, denn im Grunde ist es egal, ob die Sicherheitsleistung die Rückbaukosten in Form von Geld, in Form eines Stapels Goldbarren oder eben in Form eines Windenergiekonverters abdeckt. Die Tücke des Anteils „Windenergiekonverter“ liegt darin, daß man nicht weiß, welche Marktpreise dann gegeben sind, wenn nach 10 bis 20 Jahren der Rückbau fällig wird.

Im Grunde kommt es im Falle dessen, daß eine zu geringe Sicherheit geleistet wurde, nicht darauf an, ob der jeweilige Windenergiekonverter nun Eigentum des Verpächters wäre oder nicht. Jedenfalls müßte ein vom Betreiber möglicherweise alleingelassener Grundstückbesitzer selber zusehen, wie er „seine“ Windmühle auf dem Markt los wird. Schon angesichts des damit verbundenen Stresses kann nur empfohlen werden, sich nur auf Rückbau-Sicherheitsleistungen in Form von Geld (Sparbüchern,....) oder Bankbürgschaften in Höhe der Rückbaukosten ohne irgendwelche dubiose Abzüge einzulassen.


Zahlenbeispiele

Im folgenden werden Ansätze aufgeführt, mit Hilfe relativ einfacher Formeln einen überschlägigen Rückbaukostenbetrag zu ermitteln. Denn stellenweise werden für Anlagen um die 1,5 MegaWatt (MW) und mit Höhen von etwa 140m (Flügeloberspitze) von manchem Anbieter unzulässig niedrige Rückbaukosten von 25.000 DM angegeben, ohne daß eine schnelle Gegenprüfung erfolgen könnte. Die Fachliteratur (vgl. SCHWARZ 2000)2 u.a. präsentiert eine


Formel „5% der Investitionskosten“.


Nimmt man 1020 € (2000 DM) pro kW Nennleistung an (vgl. Grafik 1),


Grafik 1


Entwicklung der Investitionskosten (DEWI 1999)


wären das 5% von 1.530.000 €, also 76.500 € statt 25.000. Die Wechselbeziehung zwischen der so ermittelten Zahlenreihe und Daten aus dem hier hinzugezogenen Runderlaß Brandenburg4 (Tabelle ) liegt bei „R = 0,94“ in einer Skala vom Schlechtestwert von 0 bis zum Bestwert von 1 (siehe Grafik 2). Ein Idealwert läge für den Faktor, gemessen an der Korrelation zu den in Brandenburg ermittelten Kosten, bei 6,5%.... statt bei 5%.

Grafik 2


Korrelation der Berechnung nach Investitionskosten mit den in Brandenburg errechneten Kosten


Der jährlich von der zuständigen Landesfachbehörde fortgeschriebene tabellarische Anhang zum Windenergie-Runderlaß des Landes Brandenburg geht für die gleichen Anlagen von ca. 110.000 € Rückbaukosten aus. Der amtliche gesamte Datensatz von Brandenburg könnte für den Leistungsbereich von 500 KW bis 3 MW eine (hinsichtlich des Exponenten) vereinfachte


Berechnungsformel „Höhe“ „(AnlagenhöheFlügelspitze : 10)² : (1,96) TSD €“ 7


begründen. Die Wechselbeziehung zwischen der so ermittelten Zahlenreihe und den Brandenburger Daten liegt bei „R = 0,89“ (siehe Grafik 3). Ein Idealwert läge für den Exponenten, gemessen an der Korrelation zu den in Brandenburg ermittelten Kosten, bei 2,1....statt bei 2

Grafik 3

Korrelation der Berechnung nach Höhe mit den in Brandenburg errechneten Kosten


Daß die Verfahren nicht miteinander gekoppelt sind, zeigt die niedrigere Korrelation von „R=0,78“ zwischen den beiden Berechnungsgrundlagen (siehe Grafik 4).

Grafik 4

Korrelation zwischen Kostenberechung auf der Basis „Höhe“ und der Basis „Investitionskosten“


Zum Vergleich aller Verfahren siehe Grafik 5 (Basis „Höhe“) und 6 (Basis „Leistung“), wobei naheliegenderweise die Formelberechnungen auf der Basis „Höhe“ und „Leistung“ jeweils bei „R=1“ liegen, wobei sich die geringfügige Abweichung bei der Variante „Höhe“ daraus ergibt, daß es sich (im Gegensatz zur Trendlinie) nicht um eine lineare Funktion handelt.

Grafik 5


Grafik 6



Verbleib des Fundamentes im Boden?

In einigen Fällen wird davon auszugehen sein, dass das Fundament im Boden verbleibt, Das kann allerdings rechtlich nicht als Regelfall angesehen werden, weil dann, wenn landwirtschaftliche Fläche in Anspruch genommen wird, ein Verbleiben des Fundamentes im Boden die (eigentlich zu rekultivierende) landwirtschaftliche Fläche entwerten würde. Das heißt gleichzeitig, daß ein Verbleiben des Fundamentes im Boden bereits Teil des Genehmigungsverfahrens gewesen sein muß, da dies sowohl im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung, der agrarfachlichen Beurteilung und schließlich aber auch der Berechnung von Sicherheitsleistungen erheblich sein kann bzw. im letzteren Falle ist.

Die Verfahren „HöheFlügespitze“ und „Investitionskosten“ (gemessen am Beispiel Brandenburg) ergänzen sich, was an der erhöhten Korrelation der arithmetischen Mittlung zum Ausgangswert (Grafik C) zu sehen ist. Der Exponent im Verfahren „HöheFlügespitze“ läge bei 1,8, der Prozentsatz bei der Variante „Investitionskosten“ bei 3.






x (Achse quer) = Kosten BB ; y (Achse hoch) = Kosten HöheFlsp


x = Kosten BB ; y = Kosten 3%


x = Kosten BB ; y = Durchschnitt Grafiken A und B


x = Kosten 3% ; y = Exp. 1,8



1 Dipl. Ing. agr., Gartenstraße 4A, 65812 Bad Soden Ts.

2 SCHWARZ Chr., Rückbaukosten von Windenergieanlagen, Erneuerbare Energien 8/00 S.11 ff., Hann. 2000; vgl. hierzu auch taz 01.9.2001, Anti-Atomkraft-Lieder reichen nicht, Berlin 2001

3 §39 VerwaltungsverfahrensG v. 25.5.1975 (BGBl.I S.1253) idF v. 21.9.1998 (BGBl.I S.3050), zul. geändert am 3.12.2001 (BGBl. I S. 3306) m.W.v. 1.1.2002

4 Runderlaß Min. f. Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr Brandenburg v. 07.5.2001

5 BUND Ebern, Windrad I und II auf dem Bretzenstein bei Ebern/Fierst/Recheldorf, Zeitungsber. und Bilder v. Aufbau (FT 14.05.01), Ebern 2001

6 ....idR fehlt die verwaltungsverfahrensrechtlich gebotene Begründung (z.B. Unzuverlässigkeit des ASt, belegt an früheren Verfahren; fehlende Bonität etc.)

7 Die Division durch 1,96 korrigiert, da die Ausgangsdaten in „DM“ angelegt waren, diese zugrundegelegte Rechnung von „DM“ in EURO



Anhang





Höhen der Windenergiekonverter (Basis f. Anhang zum Runderlaß Brandenburg)




Komplette Rückbaukosten lt. Anhang zum Runderlaß Brandenburg




Rückbaukosten „nur Mast“ lt. Anhang zum Runderlaß Brandenburg





Berechnungsformel für den Korrelationskoeffizienten „R“